126 SCHIFFER-TRANSPORT-VEREIN
Schiffer-Transport-Verein
Zur Geschichte:
Jahrhundertelang haben die Harener Schiffseigner ihre Transportleistungen als freie selbstständige Unternehmer ausgeführt; dabei waren sie sich aber jederzeit der Tatsache bewusst, dass bestimmte Aufgaben und die Bewältigung von Notsituationen nur gemeinschaftlich lösbar waren.
Als die Püntker ihr Fahrtgebiet in den durch Wettbewerbsmaßnahmen der „Hannoverschen Westbahn“ ausgelösten Krisenjahren der Emsschifffahrt auf die Nord- und Ostsee ausdehnten, schlossen sie sich im Jahre 1875 zu der auf Gegenseitigkeit beruhenden Schiffsversicherung „AMISIA“ zusammen.
Das für den einzelnen zu groß gewordene Risiko wurde so auf eine Gemeinschaft verteilt, in der einer für den anderen einstand. Nach dem Bau des Dortmund-Ems-Kanals wurde die Existenz der Harener Binnenschiffer durch die Konkurrenz der Großschifffahrt weiter bedroht.
Geschäftsräume des S.T.V.H. in der Langen Straße (Foto: Otto Janzen)
So gründeten 23 Schiffseigner am 7. März 1906 den Schiffer-Transport-Verein Haren, eine Genossenschaft mit dem Ziel, Ladung zu besorgen, gleichmäßig zu verteilen und angemessene Frachtraten zu sichern. Unter der Führung des ersten Vorsitzenden Gerhard Mecklenborg wuchs die Zahl der Mitglieder bereits im Gründungsjahr auf 57.
Adolf Kirchhoff übernahm 1910 die Gesch.ftsführung und setzte die Aufbauarbeit mit der Vertiefung der Kontakte zu den Verladern sowie der Einrichtung einer ordnungsgemäßen Buchhaltung fort.
Zu Beginn des 1.Weltkriegs zählte die Genossenschaft bereits 82 Mitglieder. Ab dem Jahre 1921 leitete Hugo Winkelmann den Verein, der ab 1923 auch die „Nederlandsch Duitsche Transport Vereeniging e.G.m.b.H.“ betreute, deren Mitglieder im niederländischen Kanalgebiet eingesetzt waren, während die Harener Schiffer die Ems und den Dollart befuhren. Da das alte Büro in der Langen Straße zu klein wurde, verlegte man die Geschäftsräume 1925 in den Neubau an der Emmelner Straße.
Von der Weltwirtschaftskrise 1930 – 1932 blieben auch die Emsschifffahrt und der Schiffer-Transport-Verein Haren nicht verschont. Ein großer Teil der Flotte musste stillgelegt werden und nur durch den genossenschaftlichen Zusammenschluss und größte Sparsamkeit gelang es die Schwierigkeiten zu überwinden.
Nach Ende des 2.Weltkriegs trat der Vorstand des Vereins am 22. November 1945 in der Gaststätte Holterhuis zusammen und beschloss, den Betrieb trotz der ausweglos erscheinenden Lage wieder aufzunehmen.
Am 7. Mai 1946 bestätigten 106 Mitglieder diesen Beschluss auf der Generalversammlung in den Räumen der Stuhlfabrik Lammers in Altharen. Im selben Jahr richtete man eine Filiale in Duisburg ein, die von Heinrich Hannes und seinem Assistenten Hermann Otten geleitet wurde. Die Zentrale befand sich zunächst im Gemeindebüro in Emmeln, dann in der Gastwirtschaft von Herz und schließlich in den Verkaufsräumen des Tischlermeisters Lammers, bevor man 1948 wieder in das eigene Gebäude einziehen konnte, das seit dem 18. Mai 1945 von polnischen Zivilisten besetzt gewesen war.
Ab 1948/49 waren die Hauptsorgen der Genossenschaftsführung das Erzielen ausreichender Frachtraten und die Kreditbeschaffung für die Erhaltung, Modernisierung und den Neuaufbau der Schiffsflotte. Nach und nach erholten sich die Abteilungen See-, Watt- und Binnenschifffahrt; die Anzahl der betreuten Schiffe stieg stetig.
Umzug der Jungschiffer ca. 1953 (Foto: Maria Husmann)
Motorisierung der GERD-HEINZ ; v.l.: Tim Schepers, Johann Klene, Reinhard Wessels
(Foto: Maria Schepers)
Im Jahre 1956 waren es 165 Kümos, Watt-, Binnen- und Schleppschiffe mit einer Gesamttonnage von 40.000 t. 1964 erreichte die Flotte des S.T.V.H., Geschäftsführer war zu der Zeit Josef Schäfer, mit 188 Einheiten (56.000 t) ihren Höchststand. Aber diese Aufwärtsentwicklung dauerte nicht an. Die Schiffe
waren vielfach gebraucht gekauft worden und konnten dem technischen Fortschritt in Bezug auf Ausrüstung und Größe nicht folgen.
Während in der Küstenschifffahrt relativ frühzeitig ein Teil der Alttonnage durch Abwrackaktionen vom Markt verschwand, hatten die Partikuliere der Binnenschifffahrt unter dem Überangebot von Schiffsraum zu leiden, was in den Jahren 1964 – 1968 besonders schlimm war.
Zwischen 1964 und 1974 verlor der S.T.V.H. 123 Schiffe. Sie wurden zumeist abgewrackt, die anderen wechselten zu größeren Reedereien. Ab 1974 übernahm Hermann Otten die Geschäftsführung des Vereins. 1977 wurde der S.T.V.H.-Baustoffhandel (später HABA-Baustoffhandel) gegründet, um den Kunden Lieferangebote machen und an Ausschreibungen teilnehmen zu können. Aber die Wirtschaftslage verschlechterte sich weiter.
Ab dem 25.02.1985 musste in der Verwaltung des S.T.V.H. vorübergehend Kurzarbeit eingeführt werden. Die Anzahl der Schiffe sank weiter.
Als Bernd Müller im Jahre 1991 die Geschäftsleitung übernahm, bestand die Flotte nur noch aus 12 Einheiten mit einer Gesamttonnage von 7.400 t. 1994 erfolgte die Öffnung des europäischen Binnenmarktes und die Aufhebung der staatlich festgelegten Frachtraten. Die erhoffte Belebung des Marktes blieb allerdings aus.
Der Preisverfall von bis zu 50% wirkte sich auch auf die Erträge des S.T.V.H. aus. So beschloss eine außerordentliche Generalversammlung am 14. Januar 1995, die Genossenschaft zum 31. Januar 1995 aufzulösen.
Umzug zum 50-jährigen Bestehen des S.T.V.H. 1956 (Foto: Sammlung Schifffahrtsmuseum)
50 Jahre Schiffer-Transport-Verein Haren