208 PÜNTE EMS
Pünte-Ems
Aus der Geschichte:
Harener Püntenschifffahrt „Lewer en lütt Herr – as en groot Knecht“ war Jahrhunderte lang das Motto des selbstständigen Püntkers aus Haren. In den Reihen der Schifffahrtstreibenden vererbte sich der schwere Beruf des Püntkers oft vom Vater auf den Sohn und damit auch die Kenntnis von zahlreichen Untiefen der Ems, die ein Befahren des stets wechselnden Fahrwassers mit großen Schwierigkeiten verknüpfte. Trotzdem vermochte man immer wieder erhebliche Transportleistungen durchzuführen und es bleibt das historische Verdienst der Püntker, dass sie die einzige Wasserstraßenverbindung des nördlichen Westfalens mit der Nordsee über viele Jahrhunderte hinweg aufrecht erhalten konnten. Die Pünte galt als „verlängerter Arm“ der Seeschifffahrt. Die großen Dampfer und Segelschiffe kamen über Leerort und Papenburg nicht hinaus. Das Holz, das sie von Schweden und Finnland gebracht hatten, wurde dort gelöscht und von Harener Pünten übernommen. Diese bildeten somit die Basis der schifffahrtsgeschichtlichen Entwicklung Harens, die sicherlich bereits um 1400 begann. Aufgrund des fehlenden Hinterlandes nach der Teilung Harens im 16. Jahrhundert und der dazu noch ungünstigen Bodenverhältnissen im flächenmäßig kleinen, häufig überschwemmten Emstal des Ortes Neu-Haren konnten nur wenige Einwohner von der Landwirtschaft leben. Die wachsende Bevölkerung musste sich aus wirtschaftlicher Not einer anderen Erwerbsquelle zuwenden.
Eine Möglichkeit war die Flussschifffahrt auf der Ems, die durch die günstige Standortlage Harens ausgenutzt werden konnte. Man baute zunächst einfache Frachtkähne und brachte damit unterschiedlichste Produkte auf die Märkte der Umgebung. Aus dieser Tätigkeit des Kleinschiffers entwickelte sich bald ein selbstständiger Beruf; die Fahrensleute kauften Waren an der Küste auf, um sie mit Gewinn im Landesinneren zu veräußern. Hand in Hand mit dieser Entwicklung ging die Herausbildung eines eigenen Fahrzeuges für die mittlere Ems vor sich:
Es entstand die Emspünte, die entweder getreidelt oder gesegelt werden konnte. Sie übernahm zum großen Teil den Emsverkehr zwischen Meppen und Emden, verkehrte aber auch im Oberlauf bis Greven. Die Schiffer konzentrierten sich nach und nach in den beiden Emsdörfern Rhede und Haren. Waren 1620 noch 80 Püntker in Rhede beheimatet, gab man nach der Zerstörung des Ortes um 1648 die Emsschiffahrt langsam auf und in der Folgezeit übernahmen die Harener Schiffer die dominierende Rolle im Bereich der mittleren und unteren Ems
Gleichzeitig gelang den Harenern durch die Aufnahme und Verfeinerung handwerklicher Tätigkeiten der Einstieg in den Püntenbau.
Ursprünge
Die Ursprünge der Emsbesiedlung gehen auf die germanischen Volksstämme der Angrivarier und Friesen zurück. Mit ihren einfachen Fahrzeugen befuhren sie die Ems, wie entsprechende Funde entlang des Flusses belegen. Auch den Römern war die Ems später als militärischer Transportweg bekannt; Tacitus gab dabei der Ems den Namen Amisia. Wann genau die ersten Pünten auf der Ems gefahren sind, ist nicht belegbar. Da der Schiffstyp der Pünte jedoch aufgrund seiner einfachen Konstruktion als eine der ältesten Schiffstypen überhaupt gilt, wird es um 1000 herum die ersten Urpünten gegeben haben. Diese Fahrzeuge hatten sich aus dem Einbaum entwickelt, der im Laufe der Zeit überarbeitet und weiterentwickelt wurde. So wurden zunächst die Seiten dünner gestaltet, zur Vergrößerung des Freibords wurden Planken auf die Bordwände aufgesetzt und später wurde das Fahrzeug durch eine Längsspaltung der Baumstammhälfte und Einsetzen von Bodenplanken immer mehr verbreitert.
Als man ab dem 13. Jahrhundert die vormalig halbrunden Seitenteile des ursprünglichen Einbaums durch aufeinander gesetzte Seitenplanken ersetzte, entstand ein prahmartiges Fahrzeug, die Pünte. Auch in der eigentümlichen Bugform spiegelt sich der ursprüngliche Bug des alten Einbaums wieder, achtern wurden die spitz zulaufenden Seitenplankenim Laufe der Zeit mit einem senkrechten Steven versehen. Dabei ist die Verbreitung der Pünte nicht auf die nordwestlichen Gebiete Deutschlands beschränkt geblieben: Die Nachfahren der Urpünte konnte man sogar als so genannter „Punt“ bis 1910 auf der Themse beobachten. In einem englischen Lexikon steht zum „punt“ zu lesen: „punt, flat-bottomed, shallow boat with square ends, moved by pushing the end of a long pole against the river-bed.“ Wortgeschichtlich geht der Name „Pünte“ auf den indogermanischen Wortstamm „pent“ (= gehen) zurück. Daraus entwickelte sich über das altgriechische „Pontos“ (= das Meer) das lateinische Wort „ponto“ (pontonis = die Fähre); flaches Schiff. Die heute gebräuchliche Schreibweise „Pünte“ lässt sich bis 1537 zurückverfolgen. Noch 1909 stand in „Meyers Konversations- Lexikon“ unter dem Stichwort „Pünte“ geschrieben: „flaches, kahnartiges Fahrzeug der Flussschifffahrt auf der Ems (Emspünte), mit einem Mast und Rahsegel.“