202 WESSELS REEDEREI

Nachdem 6 Schiffe dieses Typs gebaut worden waren, stellte die Meppener Tagespost vom 9. 10.1976 unter der Überschrift „Das kann nur ein Cargo-Liner: Direkt von Berlin nach Dubrovnik“ fest:

„Der clevere Kaufmann aus der Stadt an der Ems: Verbindungen sind das wichtigste. Und so reist er denn von einem Staat in den anderen. Er kennt Polen und die DDR inzwischen wie mancher seine Westentasche, ist auf der Fluglinie nach Paris ebenso zu Hause wie auf dem Weg nach Rotterdam. Selbst eine Einladung zu einem Empfang der „Ständigen Vertretung der DDR in der BRD“ flatterte per Telex ins Haus. Gerhard Wessels stieg in den Smoking – und fuhr hin“.

Mit Mut, Einsatzbereitschaft und Durchsetzungsvermögen wurden diese Anfänge geschafft. Sie kennzeichnen den nimmermüden Einsatz für sein Unternehmen. Immer wieder wurden neue Wege für den geschäftlichen Erfolg gesucht und neue Schiffstypen entwickelt, die zum jeweiligen Zeitpunkt auf dem Markt gefragt waren.

Am 29.10.1976 wurde die River Liner GmbH unter Leitung von Kapitän Gerhard Wessels gegründet. Die River Liner GmbH entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten zu einem  Schifffahrtsunternehmen, das in enger Kooperation mit den nachfolgend aufgeführten Gesellschaften tätig ist:

Die „EMS-LINER“, „RHôNE-LINER“ und „KÄTHE WESSELS“ waren in den Jahren 1976 bis 1979 die ersten Schiffe der River Liner Gesellschaft mit Heimathafen Haren/Ems. Die Wessels Bereederung gab zeitgleich die „THEKLA WESSELS, „URSULA WESSELS“ und „LENA WESSELS“ in Auftrag. Andere Schiffe folgten in den 80er Jahren.

Die Reedereigruppe ließ in dieser Zeit auch nie die Kontakte zu den Ostblockstaaten abbrechen, immer wieder übernahm die Reederei eine Vorreiterrolle, wenn es da­rum ging, neue Wege in der Schifffahrt speziell zwischen West und Ost zu erschließen. Glasnost und Perestroika machten es möglich, dass erstmals in der deutsch-tschechoslowakischen Geschichte Anfang der 90er Jahre in der CSFR Seeschiffe für Harener Rechnung gebaut wurden.
Die Nordsee Zeitung vom 7.07.1991 berichtet:

„Entsprechend eindrucksvoll gerieten Taufe und Stapellauf des ersten Frachters RHEINFELS auf der slowakischen Schiffswerft Komarno an der Donau,  etwa auf ­halbem Wege zwischen Bratislava und Budapest. Die deutschen Gäste staunten über die mehreren tausend Zuschauer,  und als Taufpatin fungierte Frau Chalfova, die Frau des tschechoslowakischen Ministerpräsidenten.“

Die „RHEINFELS“ war das erste Schiff der Komarno-Werft, das in den Westen geliefert wurde. Es war ein Typschiff der Serie „Rhein“ und kostete ca. 9 Millionen DM. Ausschlaggebend für die Wahl dieser Werft war der niedrige Baupreis im Vergleich zu westeuropäischen Anbietern bei gleichzeitig hoher Qualität der abgelieferten Schiffe.  Das Schiff war als see- und flussgängiger Mehrzweckfrachter konstruiert worden und im Bereich der Mittleren Fahrt im Einsatz. Bei einer Länge von 88 Metern betrug die Tragfähigkeit des Schiffes 3.650 tdw. Sechs Einheiten wurden von dieser Serie auf der Komarno-Werft für die Ree­dereigruppe Wessels fertiggestellt.

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In den Folgejahren wurden auf Initiative von Gerhard Wessels vier neue Schiffstypen „Ems“, „Weser“, „Rostock“ und „Schelde“  mit Tragfähigkeiten von 2.500 bis 4.500 tdw auf der Komarno-Werft entwickelt. Waren es zunächst  überwiegend Mehrzweckfrachter, so ging die Entwicklung hin zum sogenannten „Multi-Purpose-Containerschiff“. Der Typ „Rostock“ ist besonders für den Containertransport geeignet, aber auch für den Transport anderer Ladung wie Massengut und gefährliche Ladung eingerichtet. Die beiden Hydraulikkräne machen das Schiff beim Laden und Löschen von entsprechenden Einrichtungen an Land unabhängig.
Für seine Verdienste um die Schiffbauindustrie der Slowakischen Republik wurde Kapitän und Reeder Gerhard Wessels vom Wissenschaftlichen Rat der Slowakischen Technischen Universität Bratislava am 16.12.1996 die Eh­ren­dok­tor­würde verliehen.

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Ehrung in Komarno: Kapitän Gerhard Wessels    
und der Präsident der Slowakischen Republik

Doch neben diesem Ehrentitel „Dr. h. c.“ sollte  bald eine weitere Auszeichnung für den Harener Reeder folgen. Die Meppener Tagespost vom 25.06.1997 führte aus:

„Der Präsident der Slowakischen Republik, Michal Kovacs, hat den Harener Reeder Kapitän Gerhard Wessels mit der Gedenkmedaille seines Landes ausgezeichnet. Wessels habe, so Kovacs, im Jahre 1991 und damit in der Aufbauphase der noch jungen Republik als einer der wenigen ausländischen Unternehmer der slowakischen Wirtschaft hilfreich die Hand gereicht. Er habe sich um die Nation verdient gemacht… . Alles in allem seien in Zusammenarbeit mit der Harener Reederei mittlerweile mehr als 60 der See- und Binnenschiffe mit einem Ge­samt­in­vesti­tionsvolumen von über 600 Millionen DM gebaut worden. Dafür sage ihm die Staatsregierung Dank.“

In den letzten drei Jahren wurden weitere Projekte auf den Werften in den Staaten Osteuropas wie Tschechien, Serbien, Jugoslawien, Bulgarien und Russland verwirklicht. Dabei erfolgten die Zulieferungen für die Schiffe zu 60 Prozent aus dem Westen.